Nachgefragt – Deutsche Kleiderstiftung Spangenberg im Interview

Was wird genau mit den Kleidern gemacht?

Das ist unterschiedlich. Ein Teil der Kleidung wird in Helmstedt in verschiedene Warengruppen sortiert und für Hilfslieferungen desinfiziert und verpackt. Dabei arbeiten wir immer mit regionalen Partnern vor Ort zusammen, die sich verantwortlich um die Kleiderverteilung kümmern. Aktuell betreiben wir Projekte und Zusammenarbeit in Albanien, Bulgarien, Rumänien, Lettland, Moldawien und auch in Kaliningrad in Russland. Die Kleidung wird von unseren Partnern teils kostenlos verteilt, teils als Handelsware in kleinen Shops ähnlich unseren Sozialkaufhäusern verwendet.

Dem Thema Kinderarmut und sozialer Not im eigenen Land widmen wir viel Aufmerksamkeit. Die Kleiderkammern und Sozialkaufhäuser in der Region Helmstedt, Salzgitter, Braunschweig und Wolfsburg bis nach Hannover und Nienburg bzw. Magdeburg, Halle und Leipzig beliefern wir im diakonischen Kreislauf der Spenden. Die Spenden, die vor Ort in den Kleiderkammern abgegeben werden, sind nicht immer die benötigten. Wir übernehmen die Überhänge dieser Lager und liefern dafür im Gegenzug kostenlos benötigte Warengruppen – Kinderkleidung oder Übergrößen oder jahreszeitlich passende Kleidung.

Um diese Hilfsleistungen zu finanzieren, müssen wir den größeren Teil der Sammelware gewerblich verkaufen. Dies tun wir nach den ethischen Standards von FairWertung e.V. und beteiligen uns nicht an ausbeuterischen Märkten und dubiosen Geschäften. Wir übernehmen dabei die Verantwortung für unsere eigenen Handelswege bis zum jeweiligen Sortierbetrieb.

Wer zieht die Kleider an?

Wir bringen regelmäßig Hilfslieferungen zu unseren internationalen Projektpartnern. Darüber hinaus brachten wir in Katastrophenfällen Hilfsgüter in Überschwemmungsgebiete nach Polen und Albanien und führen viele Einzelaktionen durch, z.B. in einem Kinderheim sowie einem Obdachlosenasyl in Breslau, Polen. Häufig ergeben sich aus solchen Einzelaktionen längerfristige Hilfsprojekte. Zuletzt haben wir mit kirchlichen Partnern vor Ort ein Projekt in der russischen Enklave Kaliningrad (Königsberg) auf die Beine gestellt.

Insgesamt mehr als 30 Kleiderkammern in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt beliefern wir kostenlos mit bestellter Kleidung. Das sind z.B. Übergrößen für Menschen mit geringem Einkommen, Kindersachen und –schuhe für eine bedürftige Familie oder Wäsche für einen Obdachlosen, der mittellos im Krankenhaus liegt.

In unserem Second-Hand-Shop in Helmstedt, der auch aus Kleidersammlungen bestückt wird, können alle Menschen ohne Einkommensnachweis einkaufen. Mit den Einnahmen finanzieren wir seit vielen Jahren Kinder- und Familienpatenschaften über unseren christlichen Projektpartner Associacao Menonita Beneficente AMB in Brasilien.

Dürfen die Kleider auch gebraucht sein?

Die meisten Kleiderspenden, die wir erhalten, sind gebraucht und das ist auch völlig in Ordnung. Wichtig ist, dass sie sauber und intakt sind – keine Löcher, keine defekten Reißverschlüsse, keine hässlichen Flecken. Jedes gut erhaltene Kleidungsstück wird gebraucht – niemand würde so etwas in den viel zitierten Schredder geben.

Gibt es ein Siegel für Spangenberg und wenn ja: Was besagt dieses Siegel?

Für die Sammlung von Sachspenden, wie sie uns in Form von Kleiderspenden übergeben werden, gibt es kein Siegel wie z.B. das DZI Spenden-Siegel. Wir arbeiten deshalb als Lizenznehmer des Dachverbandes FairWertung und halten uns an die ethischen Standards im Umgang mit Altkleidung. Außerdem berichten wir so ausführlich wie möglich über unsere Internetseite und versenden Informationsmaterial auf Anfrage. Auch Besucher sind bei uns in Helmstedt herzlich willkommen und erhalten einen Einblick in unsere Arbeit, die Sortierung und das Lager.

Worauf sollte ich beim Kleiderkauf achten?

In Deutschland entstehen Jahr für Jahr 750.000 Tonnen Altkleider. Nicht alles kann für Hilfslieferungen eingesetzt werden. Deshalb beginnt ein verantwortlicher Umgang mit den Ressourcen beim Einkauf und den eigenen „lieben Gewohnheiten“. Achten Sie beim Einkauf auf Qualität und wenn möglich auch die Herstellungsbedingungen, ein T-Shirt für 2,99 Euro und menschenwürdige Arbeitsbedingungen passen nicht zusammen. Machen Sie nicht jeden Modetrend mit – sonst ist die schicke Hose gleich wieder unmodern. Tragen Sie die Kleidung länger und bessern Sie auch mal etwas aus. Und wenn es wirklich nicht mehr passt, geben Sie es sauber und intakt weiter.

Worauf sollte ich beim Kleider-Weggeben achten?

Geben Sie bitte nur gut erhaltene und sorgfältig verpackte Kleidung und Textilien sowie paarweise gebündelte Schuhe in unsere Kleidersammlungen. Nicht geeignet sind stark beschädigte oder verschmutzte Kleidungsstücke, kaputte Schuhe und Einzelschuhe. Handeln Sie verantwortungsbewusst und stecken Sie solche Teile direkt in den Hausmüll. Wir freuen uns über gut erhaltene Damen-, Herren- und Kinderbekleidung in allen Größen, Lederwaren (Oberbekleidung, Taschen, Schuhe), Nachtwäsche, gut erhaltene Unterwäsche und Dessous, Schals, Gürtel sowie modische Accessoires, Haushaltswäsche, Decken, Gardinen usw. Der einfachste Test, ob ein Kleidungsstück in die Kleidersammlung gehört, ist: „Könnte ich dem Empfänger guten Gewissens die Spende persönlich übergeben?“ Wenn ja, dann ist das Kleidungsstück für den Bedürftigen wertvoll, es kann und wird Dank und Freude auslösen.

Und woher kommt der Name Spangenberg?

Der Verein wurde 1957 von der Herrnhuter Brüdergemeine Berlin-Neukölln als Hilfsorganisation gegründet und nach dem Herrnhuter Bischof August Gottlieb Spangenberg (1704 – 1792) benannt. Damals galt die Hilfe den Menschen in der DDR. Inzwischen sammelt Spangenberg ein-, zwei- oder mehrmals jährlich in über 2500 Kirchengemeinden in mehr als 160 Kirchenkreisen und baut seine Hilfsprojekte im In- und Ausland weiter aus.


 

Text und Bild zur Kleidersammlung:
Deutsche Kleiderstiftung Spangenberg 06.2014